San Hilda

Inneren Kompass finden: Wege zu Sinn & Veränderung

Merrit Kraus
16.04.2025
Inneren Kompass Nicole Hoppe Headerbild

Viele Menschen suchen (und finden) ihren inneren Kompass, wenn ihr Leben aus dem Gleichgewicht geraten ist. So war es auch bei Nicole Hoppe, Heilpraktikerin für Psychotherapie, die aus einer äußerlich perfekten Lebenssituation ausgebrochen ist, um ihrem Weg zu folgen.

Heute begleitet sie andere dabei, ihren eigenen inneren Kompass (wieder)zuentdecken. Nicht mit schnellen Lösungen, sondern mit Achtsamkeit, Klarheit und der Kraft kleiner Schritte. Nicole berichtet von ihrem Weg, spricht über die Sinnfrage, die sich oft erst aus dem Leid heraus stellt und verrät, was die eigenen Grabrede damit zu tun hat. 

Kannst du ein bisschen über dich erzählen, über deinen Weg und wie du zu deiner Berufung bzw. zu deinem Beruf gekommen bist

Wie bin ich zu meinem Beruf gekommen? Wahrscheinlich genau über diese Themen. Ich war an einem Punkt in meinem Leben, an dem nichts mehr nach dem bekannten Schema F lief. Ich hatte jung geheiratet, studiert, einen Beruf, drei Kinder – eine Bilderbuch-Ehe nach außen. Und dann kam dieser Moment, in dem alles zusammenfiel. Niemand wusste, warum, ich selbst auch nicht, das wurde mir erst später klar. Aber ich konnte dieses Konstrukt, das wir uns über die Jahre aufgebaut hatten, nicht mehr halten und bin ausgebrochen.

Ich hatte meinen eigentlichen Weg verlassen. Und dann habe ich mich gefragt: Wie ist das passiert? Wo habe ich nicht hingeschaut? Wo habe ich übersehen, was ich wirklich möchte? In dieser Zeit habe ich viel gelesen, das Vergangene reflektiert, viel Selbsterfahrung gemacht und bin so zu der Frage gekommen: Was will ich eigentlich? Ich wusste das lange nicht.

Ich konnte die Frage „Was möchte ich?“ nicht beantworten, deshalb habe ich mich Stück für Stück heran getastet.

Begonnen habe ich mit der Frage „Was möchte ich nicht?“, die konnte ich schon eher beantworten und so habe ich mich Schritt für Schritt angenähert. Das Buch “Drei Fragen: Wer bin ich? Wohin gehe ich? Und mit wem?” des argentinischen Psychiaters Jorge Bucay war mir ein großer Wegbegleiter bei der Frage: Wofür bin ich hier? Was ist der Sinn meines Lebens?

Mich hat diese Sinnfrage gepackt. Und als ich so nach und nach ein Gefühl dafür bekam, was für mich der Sinn meines Lebens ist, habe ich schnell gemerkt: Ich möchte wissen, wie andere Menschen ticken. Worin sehen sie den Sinn ihres Lebens und wie wirkt er sich auf deren Leben aus? Warum sind Menschen, wie sie sind? Was treibt sie an? Und wie kann der Sinn in unserem Leben uns dabei helfen, unser Dasein hier auf Erden so zu gestalten, dass es uns gut damit geht.

Heilpraktikerausbildung

So kam ich zur Heilpraktikerausbildung für Psychotherapie. In dieser habe ich viele Therapieverfahren kennengelernt, unter anderem die Logotherapie (Logos – altgriechisch = Sinn, Vernunft), die mich sehr fasziniert und mit der ich mich bis heute intensiv beschäftige. Entschieden habe ich mich schließlich für eine Ausbildung in der modernen Verhaltenstherapie. Sie ist für viele leichter verständlich, konkret, direkt und bietet Werkzeuge, die im Alltag hilfreich sind. Außerdem finden wir auch in der Modernen Verhaltenstherapie viele Bereiche, die sich mit Werten und übergeordneten Sinn-Themen befassen, sodass ich hier einen guten Kompromiss für mich bei meiner täglichen Arbeit gefunden habe.

Du schilderst ja, dass du an einen Punkt gekommen bist, an dem ein Bruch nötig war, damit du überhaupt anfängst, diese Fragen zu stellen. Siehst du Möglichkeiten, das zu vermeiden? Also, dass Menschen sich früher reflektieren, bevor der Knall kommt?

Ich halte das für möglich, aber nicht für sehr wahrscheinlich. Der Mensch neigt dazu, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Wenn alles gut läuft, warum sollte ich mich dann hinterfragen oder abwägen, andere Wege zu gehen? 

Natürlich gibt es Menschen mit einem größeren Bewusstsein, die von Anfang an wissen, sie sind hier für etwas Bestimmtes.  Aber das sind wenige. Die meisten verändern sich erst über das Leid. Das ist einfach menschlich. Erst wenn der Schmerz groß genug ist, kommen wir in Bewegung und sind bereit, etwas zu verändern.

Du hast ja die Sinnfrage angesprochen. Wenn jemand zu dir kommt, ohne sich diese Frage bewusst zu stellen, wie gehst du damit um? Wie arbeitest du dich mit der Person dahin vor?

Tatsächlich ist noch nie jemand direkt mit der Frage nach dem Sinn gekommen. Die Menschen kommen, weil sie im Alltag nicht mehr weiterwissen. Sie fühlen sich gestresst, überfordert und unzufrieden. . 

Wir schauen dann gemeinsam: Was läuft gerade schief? Was möchtest du nicht mehr? Das ist oft der erste Schritt. Von dort aus geht es zur Frage: Wo willst du hin? Und dann landen wir ganz automatisch bei den Werten. Was ist dir wichtig? Wofür stehst du? Ich arbeite dabei viel mit Methoden aus der ACT (Akzeptanz- und Commitment-Therapie). 

Gab es eine Erfahrung in deiner Praxis, bei der du besonders gespürt hast, wie deine Arbeit wirkt?

Ich erinnere mich. Eine Klientin, deutlich älter als ich, in einer schwierigen Lebenssituation, kam zu mir mit bereits viel Selbstreflexion. Ich dachte zuerst: Was kann ich dieser Frau noch geben? Aber durch unsere Gespräche ist bei ihr viel aufgegangen, sie hat durch die Beschäftigung mit ihren Werten und dem, was wichtig für sie ist, neue Wege gesehen. Sie hat für sich einen inneren Kompass gefunden.

Wenn dieser Kompass einmal da ist, zieht es die Menschen automatisch in die richtige Richtung. Und auch wenn sich einem dann negative Gefühle in den Weg stellen, sorgen diese nicht mehr dafür, dass man seinen neu eingeschlagenen Weg wieder verlässt, man kann sich viel schneller wieder „einjustieren“, wenn man seine Richtung kennt.

Hast du vielleicht eine kleine Übung oder einen Einstiegstipp für Menschen, die sich mit ihrem inneren Kompass und der Sinnfrage beschäftigen möchten?

Eine ganz einfache Übung aus der ACT ist die sogenannte Grabrede. Stell dir vor, du bist gestorben. Was sollen die Menschen auf deiner Beerdigung über dich sagen? Was für ein Mensch möchtest du gewesen sein?

Oder: Wenn du nur noch ein halbes Jahr zu leben hättest, was wären die drei Dinge, die du unbedingt tun willst? Solche oder ähnliche Fragen können dich in Verbindung bringen mit dem, was dir wirklich wichtig ist.

Hattest du auch schon Klient:innen, die ihr Leben nach der Therapie radikal umgestellt haben?

So extreme Brüche sind selten und ich sehe das auch nicht unbedingt als Ziel. Der Mensch liebt die Gewohnheit.

Meistens passiert Veränderung in kleinen Schritten.

Und das ist auch gut so. Denn wenn die Veränderung zu radikal ist, kann sie auch viel zerstören. Langsame, bewusste Schritte sind oft nachhaltiger.

Gibt’s ein Thema, mit dem die meisten Menschen zu dir kommen?

Viele wollen sich einfach nicht mehr schlecht fühlen. Das ist verständlich, aber auch eine Illusion.

Wir brauchen Schmerz, um Freude wirklich fühlen zu können.

Nur wenn ich den Regen kenne, weiß ich die Sonne zu schätzen. Negative Gefühle gehören genauso wie positive Gefühle zum Leben dazu. Es geht nicht darum, sie wegzumachen, sondern sie anzuerkennen, zu integrieren und trotzdem meinem Weg weiter zu folgen.

 

Wenn du mehr über Nicole erfahren möchtest oder einen Termin buchen willst, dann findest du hier ihr Profil.

Ähnliche Beiträge

San Hilda Expertin werden

Bist du Expert:in?

Steigere deine Sichtbarkeit und registriere dich noch heute bei San Hilda. So erreichst du die Klient:innen, die nach dir suchen.